Andrea Molteni
ANDREA MOLTENI / Italian designer furniture company
Wir müssen das richtige Gleichgewicht zwischen handwerklichem Können und industriellem Ansatz finden.
Von der Grundeinstellung her muss man versuchen, am Ende immer Spitzenleistungen und Qualität zu liefern.
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Andrea Molteni - Italian designer furniture company

Sie sind in der 3. Generation des Molteni Familienunternehmen, was ist die treibende Kraft Ihrer Familie?

Wir alle, als Familie, teilen eine gemeinsame Leidenschaft und Verpflichtung für Exzellenz und Qualität, was in gewissem Sinne eine Familientradition ist. Wir sind in einem Umfeld der Exzellenz aufgewachsen und diskutieren jeden Tag um das Beste vom Besten zu liefern. Ich schätze, das ist das Familienerbe, bei dem man von klein auf gelernt hat, dass man sich voll und ganz dem widmen muss, was man tut, und dass man jedes Mal nach Herausragendem streben muss.

Inwiefern sind diese Werte für die Entwicklung des Familienunternehmens prägend?

Ich denke, von der Grundeinstellung her muss man versuchen, am Ende immer Spitzenleistungen und Qualität zu liefern. Das hat mit meinem Großvater angefangen, das ist jetzt 85 Jahre her, dass wir Spitzenleistungen nur durch die Verpflichtung zu Qualität und Handwerkskunst erreichen können. Fast wie ein Mantra, das sich durch die Generationen zieht, konnten wir so ein solides Unternehmen aufbauen, das auf lange Sicht Bestand hat und hoffentlich auch künftigen Generationen ein kontinuierliches profitables Geschäft bietet.

Und wie investiert man am besten in sein Erbe oder das Erbe der Familie?

Zuerst sollte man den Umfang seiner Investition definieren. Als Familienunternehmen haben wir das Glück, dass wir bei Investitionen nur auf die langfristige Perspektive achten und keine schnellen Turnarounds suchen. Wir sind an langfristigen Strategien interessiert, die zu unserem Familienerbe beitragen. So sind Investitionen in neue Produktionsmethode, innovative Materialkombinationen eine Strategie, um zur Wertsteigerung des Unternehmens beizutragen.

Das Mailänder Hinterland ist Italiens Zentrum für Möbeldesign. Wie sehr bestimmte das ihre berufliche Laufbahn?

Es war wahrscheinlich das meist inspirierende, stimulierende und dynamische Umfeld in dem man aufwachsen konnte. Wenn man all die verschiedenen herausragenden Designleistungen und die vielfältigen Produktionsmöglichkeiten in der Brianza-Region kennenlernt, wird man von den vielfältigen Möglichkeiten der Möbelkreation und -produktion geradezu angezogen.

Was würden Sie als die größten Errungenschaften Ihrer Familie für das italienische Design bezeichnen, was ist ihr Vermächtnis an die italienischen Designlandschaft?

Als sich Italien und ganz Europa vom Zweiten Weltkrieg erholten, begann eine Zeit des wirtschaftlichen Aufschwungs. Das war der Moment, in dem er das Unternehmen von einem handwerklichen zu einem industriellen Betrieb umstellte. Gleichzeitig wechselte mein Großvater Angelo von einem klassischen Einrichtungsprodukt zu einer, wie wir es heute nennen, zeitgenössischen Designästhetik. Er ließ das traditionelle Möbelkonzept hinter sich und begann, mit jungen und aufstrebenden Designern und Architekten zusammenzuarbeiten, indem er den Designprozess an diese neue Art von Experten delegierte und sich auf deren externe Designkompetenz verließ. In den frühen 80er Jahren arbeitete Molteni dann mit Stardesignern wie Aldo Rossi und Luca Meda zusammen, Designer, die die DNA des Molteni-Stils prägten.

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Was bedeutete Handwerk zu Zeiten Ihres Großvaters und wie würden Sie die Bedeutung von handwerklichem Know-how heute bewerten?

1934 begann mein Großvater das Unternehmen mit einem 5-Mann-Betrieb, in dem alle Handwerker noch von Hand mit Rohholz arbeiteten. Doch im Laufe der Jahrzehnte entwickelte sich Molteni zu einem Industrieunternehmen. Aber bis zu einem gewissen Grad glauben wir alle immer noch daran, Produkte zu liefern, die eine fast intrinsische Qualität haben, Produkte, die eine Seele haben. Wir müssen das richtige Gleichgewicht zwischen handwerklichem Können und industriellem Ansatz finden, diese beiden auf produktive Weise auszubalancieren ist unsere Verpflichtung und unsere Herausforderung. Deshalb versuchen wir, das gesamte Know-how unserer Handwerker zu bewahren und zu nutzen und das traditionelle Fertigungswissen, das im Unternehmen aufgebaut wurde, für den Prozess der Innovation, das Entwickeln neuer Technologien und Produktionsmethoden einzusetzen.

Was hat Molteni in den 1950er Jahren bewogen, die Zusammenarbeit mit kreativen Köpfen zu suchen und eine Sprache der Modernität zu entwickelten?

Für die Branche selbst war dies eine Zeit des Aufschwungs, und das Design hatte einen so großen Einfluss darauf, wie wir uns das Wohnen und unsere Häuser vorstellten. Mein Großvater spürte dies sehr schnell und traf die Entscheidung, diese neue Lebensweise als Pionierarbeit in den Mittelpunkt seiner Strategie zu stellen. Ich denke, das war der Moment, in dem Molteni begann, Teil der führenden italienischen Designindustrie mit ihrer weltweiten Stimme zu werden.

Die frühen Designkooperationen mit Blass und Itho in den 1950igern waren die revolutionärsten und gaben die Richtung vor. Mit der Gründung des Unternehmens Unifor im Jahr 1969 setzte Molteni einen weiteren Meilenstein. Unifor ist speziell auf Büromöbel abgestellt und konzentrierte sich auf technologische Innovationen und moderne Büroarbeitskonzepte, wie die Idee des offenen Büroraums. Die Zusammenarbeit mit internationalen Architekten wie Jean Nouvel, Foster + Partner, Herzog & de Meuron oder Renzo Piano führte zu maßgeschneiderten Inneneinrichtungen und herausragenden Stücken wie dem LessLess-Bürotisch von Nouvel.

Kürzlich erwarb Molteni das Archiv des legendären Mailänder Architekten Gio Ponti, was ist Ihr Interesse daran?

Wir hatten die Gelegenheit, mit der Familie Gio Ponti, den Erben seines Designarchivs, in Kontakt zu treten. In unserem Gespräch mit ihnen erfuhren wir, dass mehrere Entwürfe von Herrn Ponti auf dem Markt nicht gut präsentiert wurden oder gar fehlten. Da wir seine zeitlosen und auch heute noch zukunftsweisenden Konzepte bewundern, konnten wir mit den Gio Ponti Erben eine Vereinbarung treffen, um die historischen Entwürfe wieder aufzugreifen und für die heutige Zeit neu zu bearbeiten. Diese Zusammenarbeit ist für uns von großer Bedeutung und hat sich für das Unternehmen in jeder Hinsicht als sinnvoll und erfolgreich erwiesen.

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Sie arbeiten in der Produktentwicklung für Molteni und entwerfen gemeinsam mit Designern und Architekten Einrichtungskonzepte. Woher wissen Sie, wann ein Stück fertig ist?

Was die Linienführung, die Ästhetik und die Proportionen angeht, so ist das alles ein Bauchgefühl. Es gibt nie einen Moment, in dem man sich sicher ist, aber ich würde sagen, es ist wie Liebe auf den ersten Blick – so ähnlich.

Wann endet der Prozess, wann ist ein Produkt fertig, auch für den Kunden, das ist eine ziemlich schwierige Frage. Am Ende haben wir immer einen letzten Schritt, um sicherzustellen, dass das neu geschaffene Produkt, relevant ist. Wir haben ein Zeitalter des Überdesigns und der Überproduktion von Designvariationen hinter uns; wir werden von Objekten geradezu überschwemmt. Der letzte Schritt besteht also darin, wirklich eine vollständige, fast objektive Argumentation zu erstellen: Wird dieses Objekt in 10 Jahren, in 15 Jahren noch relevant sein?

Was haben Sie von Ihrem Großvater gelernt, was hat er an Sie weitergegeben?

Versteife dich nie zu sehr in deinen Überzeugungen, in deiner Denkweise. Oft ist man sich völlig sicher, dass man richtig liegt, dass das Produkt richtig ist und dass die Technologie, die man einsetzt, die beste ist. ABER bis zur letzten Minute sollte man immer bereit sein, seine Sichtweise zu ändern und zu akzeptieren, dass es auch anders gehen könnte. Man muss in seinem Kopf immer frei für Alternativen sein und seine Perspektive auf die Dinge zu ändern. Das war wahrscheinlich die größte Inspiration, die ich von meinem Großvater bekommen habe.

Welches ist Ihr Lieblingsstück im Molteni-Museum und warum?

Mein Lieblingsstück ist noch nicht fertig, es ist noch in der Entwicklung. Vielleicht wird es das nächste sein. Ich schaue gerne in die Zukunft, auf die nächsten Design, die unsere Lieblingsstücke sein werden.

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